VdK: Was genau ist die Pflegebegutachtung?
Birgit Gelse: Dabei geht es darum, die Pflegebedürftigkeit festzustellen, also zu beurteilen: Welche gesundheitlichen Einschränkungen stehen im Vordergrund und was belastet die Pflegebedürftigen am meisten? Wichtig ist uns, niemals den Menschen aus den Augen zu verlieren. Wir handeln empathisch und mit menschlichem Verständnis, wir sind außerdem unabhängig und nur unserer Fachlichkeit unterworfen. Die Pflegebedürftigkeit wird objektiv und gerecht bewertet, unter strengen Vorgaben des Gesetzgebers.
VdK: Wie läuft eine Begutachtung ab?
Birgit Gelse: Der Gutachter oder die Gutachterin erhebt im Gespräch mit dem oder der Versicherten und den Angehörigen alle notwendigen Informationen. In der Regel machen wir einen Hausbesuch, den wir vorher ankündigen. Vor Ort dann kann sich der Gutachter oder die Gutachterin ein Bild von der individuellen Situation der Versicherten machen: neben dem Gespräch zum Beispiel im Bereich der Mobilität durch Bewegungsübungen oder im Bereich der geistigen Fähigkeiten durch gezielte Fragen. Zudem wird das Wohnumfeld angesehen. Dabei ist der Maßstab stets, wie selbstständig der oder die Versicherte ist. Das Gutachten wird meist taggleich erstellt und an die Pflegekasse übermittelt.
VdK: Welche Alternativen gibt es zum Hausbesuch?
Birgit Gelse: Je nach Fall und Informationslage ist zum Beispiel ein Telefoninterview möglich oder eine Beurteilung nach Aktenlage. Die Voraussetzungen für eine Aktenlagebegutachtung oder für ein Telefoninterview sind in den Begutachtungsrichtlinien festgelegt.
VdK: Wie kann man sich auf den Termin vorbereiten?
Birgit Gelse Es ist hilfreich, sich schon vorab zu überlegen, in welchen Bereichen man konkret Unterstützung braucht. Wenn es Pflegepersonen gibt oder einen Menschen, der die Situation der oder des Versicherten gut kennt, empfehle ich, diese auch zum Gespräch einzuladen: Sie können wichtige Informationen beisteuern und sind in dieser sehr aufregenden Situation eine große Stütze für die Versicherten. Die Selbstauskunft, die wir direkt bei Auftragseingang anfordern, klärt nicht nur für die Versicherten und Angehörigen die ersten Fragen, sondern ist auch für den Gutachter oder die Gutachterin eine gute Vorbereitung. Auch aktuelle Krankenhausentlass- oder Arztberichte sind hilfreich.
VdK: Mit welchen Schwierigkeiten haben Sie zu kämpfen?
Birgit Gelse: Wir erleben eine konstant hohe Auftragslage – das kann zu längeren Bearbeitungszeiten führen. Um dem entgegenzuwirken, haben wir bereits mehrere Maßnahmen ergriffen: So stocken wir zum Beispiel Personal auf, bekommen aber auch innerhalb des Dienstes Unterstützung, über die Regionen hinweg. Auch erstellen unsere Gutachter und Gutachterinnen an arbeitsfreien Tagen Zusatzgutachten. Wir wissen um die immense Belastung der Antragsstellenden und können sie sehr gut verstehen. Daher tun wir alles, um die Bearbeitungszeiten positiv zu beeinflussen.