Behandlungsfehler
Aktiv in Sachen Patientenschutz
Sie vermuten, dass Sie durch eine fehlerhafte Behandlung einen Gesundheitsschaden erlitten haben? Dann können Sie dies mit Unterstützung Ihrer Krankenkasse und des Medizinischen Dienstes untersuchen lassen. Im Auftrag der Krankenkassen erstellen unsere spezialisierten Gutachterinnen und Gutachter ein sachverständiges, interessenneutrales und für die Versicherten kostenfreies Gutachten.
Wann spricht man von einem Behandlungsfehler?
Begibt man sich in eine medizinische Behandlung, dann ist die Erwartung immer, dass alles unproblematisch und glatt verläuft. Zu Recht! Doch Fehler können passieren.
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn eine ärztliche, zahnärztliche, pflegerische oder sonstige medizinische Behandlung nicht angemessen, nicht sorgfältig, nicht zum Zeitpunkt der Behandlung standardgemäß oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn
- die Behandlung nicht nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft erfolgt,
- eine gebotene Behandlung unterbleibt oder zu spät begonnen wird,
- eine Diagnose trotz klarer Anzeichen nicht gestellt wird,
- ein Patient oder eine Patientin unzureichend über die Behandlung aufgeklärt wird.
Ob es sich im Einzelfall um eine Komplikation oder um einen Behandlungsfehler handelt, kann oft nur mit Hilfe eines Gutachtens geklärt werden. Stellen die Gutachterinnen und Gutachter einen Behandlungsfehler fest und weisen sie nach, dass der Fehler die Ursache des gesundheitlichen Schadens war, spricht man von „nachgewiesener Kausalität“.
Unerwünschte Behandlungsergebnisse können jedoch auch Begleiterscheinungen der Behandlung sein, die nicht zu vermeiden sind. Dann handelt es sich um Komplikationen, die trotz standardgemäßer Behandlung nicht zu verhindern sind.
Über die Möglichkeit eines Schadens durch eine Komplikation müssen Patientinnen und Patienten vor der Behandlung angemessen aufgeklärt worden sein.
Unsere Erfahrung zeigt: Bei etwa einem Fünftel der begutachteten Fälle war der gesundheitliche Schaden auf den Behandlungsfehler zurückzuführen. In den anderen Fällen handelt es sich meist um Komplikationen.
Für das Gutachten des Medizinischen Dienstes entstehen den Patientinnen und Patienten keine Kosten. Die gesetzlichen Krankenkassen können eigene Kosten, die aufgrund eines Behandlungsfehlers entstanden sind, beim Verursacher geltend machen.
Sie vermuten einen Behandlungsfehler – Was ist zu tun?
- Wenn Sie Zweifel an der ordnungsgemäßen Behandlung haben, sollten Sie zunächst das Gespräch mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt suchen
- Zudem sollten Sie ein Gedächtnisprotokoll verfassen. Darin beschreiben Sie, was wann wo passiert ist und von welchen Maßnahmen Sie glauben, dass sie den Gesundheitsschaden verursacht haben.
- Wichtig sind zu dem Kopien von medizinischen Unterlagen, die den Behandlungsverlauf wiedergeben (Arztbriefe, Entlassungsberichte, die in der Regel die Hausarztpraxis erhalten hat, etc.).
- Danach können Sie sich an Ihre Krankenkasse wenden. Die gesetzlichen Krankenkassen und die Pflegekassen sind verpflichtet, Patientinnen und Patienten zu unterstützen, wenn der Verdacht eines Behandlungsfehlers besteht.
- Die Krankenkassen können dann den Medizinischen Dienst einschalten.
- Unser Fachreferat bearbeitet die Behandlungsfehlervorwürfe. Für die Begutachtung stehen erfahrene Ärztinnen und Ärzte nahezu aller Fachbereiche zur Verfügung.
- Das Gutachten wird nach Fertigstellung an die Krankenkasse gesandt, die sich dann erneut mit Ihnen in Verbindung setzt. Im Zweifel können Sie das Gutachten mit der Ansprechperson der Krankenkasse besprechen oder sich juristisch beraten lassen.
Im Regelfall beträgt die Verjährungsfrist bei Behandlungsfehlern drei Jahre und beginnt mit dem Abschluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Alternativ können Sie sich bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler auch an die Schlichtungsstelle bzw. Gutachterkommission der zuständigen Ärztekammer wenden. Dort wird ein Begutachtungsverfahren eingeleitet – wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Das Verfahren ist für Patientinnen und Patienten kostenfrei, jedoch von der Zustimmung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes und der Haftpflichtversicherung abhängig.
Weitere Informationen
Was sagt die jährlich erscheinende Behandlungsfehlerstatistik aus?
Einleitung + Zitat Dr. Rösel
Die Zahlen der Medizinischen Dienste zeigen nur einen Ausschnitt an Behandlungsfehlern. Es ist davon auszugehen, dass zahlreiche Fälle unbekannt bleiben. Zum einen werden die Fälle in Deutschland nicht zentral erfasst; zum anderen werden sie von betroffenen Patientinnen und Patienten nicht als Fehler erkannt und deshalb auch nicht untersucht. Die Zahlen der Medizinischen Dienste sind nicht repräsentativ und sie erlauben auch keine allgemeingültigen Rückschlüsse auf die Patientensicherheit in Krankenhäusern und Arztpraxen.
Herr Dr. Thomas Rösel, Leitender Arzt im Medizinischen Dienst Baden-Württemberg, erläutert: „Oftmals ist es in einem Fachgebiet für Patientinnen und Patienten einfacher, Fehler zu bemerken und Vorwürfe erheben zu können. Deshalb werden auch eher Fehler bei Operationen vorgeworfen als Fehler bei Medikationen. Eine Häufung in einem Fachgebiet sagt daher nichts über die Sicherheit aus.“
Zitat Herr Klein
Im Interesse der Patientinnen und Patienten machen sich die Medizinischen Dienste für mehr Transparenz und eine neue Sicherheitskultur stark, bei der Behandlungsfehler offengelegt, systematisch erfasst und ausgewertet werden. Nur so kann mit gezielten Maßnahmen die Patientensicherheit gestärkt werden.
„Mit der Jahresstatistik schaffen die Medizinischen Dienste Transparenz und steigern die Aufmerksamkeit für das Thema Behandlungsfehler, was einen wesentlichen Beitrag zur Patientensicherheit leisten kann. Patientinnen und Patienten, die einen Behandlungsfehler vermuten, erhalten durch unsere Begutachtungen wertvolle Unterstützung. Zudem bieten sie die Möglichkeit für Ursachenanalysen und eine Fortentwicklung der Sicherheitskultur in Baden-Württemberg.“ Andreas Klein, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Baden-Württemberg.